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Tierschutz

Veröffentlicht: 30.01.25

Straßenhunde in der Türkei: Tierschutz versus Tötungsgesetze

In der Türkei sind Millionen Straßenhunde durch neue Gesetze bedroht. Während die Regierung Massentötungen plant, fordern Tierschützer nachhaltige Lösungen wie flächendeckende Kastrationsprogramme. Erfahren Sie mehr über die aktuelle Situation, die Proteste und den Kampf für den Schutz der Tiere.

Mitarbeiterin Gisela steht neben einem Pferd

Gisela Pschenitschnig

Gisela Pschenitschnig arbeitet seit 20 Jahren auf Gut Aiderbichl. Mit herzerwärmenden Tiergeschichten und Gutsführungen gibt sie den Tieren eine Stimme. Ziel ist es, die Menschen zum Umdenken zu bringen und Tiere als Mitgeschöpfe zu respektieren.

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Inhalt

Straßenhunde und Tötungsgesetze in der Türkei

Entsetzt gehen Tierschützer und Bürger, die das Massentöten in der Türkei ablehnen, auf die Straße und fordern das Recht der Tiere, nämlich leben zu dürfen. Vielmehr verlangen die Tierschützer eine massive Unterstützung zur Durchführung eines Kastrationsprogrammes, denn nur durch eine landesweite türkische Sterilisationskampagne kann das Problem und das Leid der Straßenhunde in der Türkei tiergerecht gelöst werden.

Trotz heftiger landesweiter und internationaler Proteste hat die türkische Regierung im Juli 2024 das neue umstrittene Straßentiergesetz 2024 verabschiedet.

Das Gesetz schreibt vor, dass alle Straßenhunde eingefangen und in Tierheimen in der Türkei untergebracht werden müssen. Das Problem der Streuner gibt es seit Jahrhunderten, und nun heißt es: einfangen und töten. Bereits vor zwanzig Jahren hatte die türkische Regierung die Idee, die Hundepopulation in den Straßen der Türkei zu kontrollieren und einzudämmen. Die sogenannte CNR-Methode – Catch, Neuter, Return (Einfangen, Kastrieren, Freilassen) – wurde von den Tierärzten begrüßt (Zenith/Gesellschaft, 27.8.2024). Die Umsetzung dürfte gescheitert sein, denn aktuell gibt es laut Innenministerium der Türkei zwischen 1,3 bis 4 Millionen Straßenhunde.

Türkisches Gesetz: Tötung von gefährlichen Hunden

Das Gesetz sieht grundsätzlich vor, die streunenden Tiere einzufangen und in Tierheime zu bringen. Hier wird unterschieden zwischen aggressiven Hunden, solchen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, oder Hunden mit ansteckenden Krankheiten.

Ob der Großteil der Streuner tatsächlich eine, wie von der Regierung dramatisch dargestellte, Gefahr für Erwachsene und Kinder ist, kann schwer nachgewiesen werden (Der Standard, 17.7.2024). In der Regel liegen die türkischen Straßenhunde, wie überall auf der Welt, in der Sonne und lassen sich nicht stören. Lassen wir den Film zahlreicher Urlaubstage in der Türkei, in Spanien, Griechenland und vielen anderen Ländern vor unseren Augen ablaufen.

Überall begegnen uns herrenlose Hunde und Katzen. Ihr Fell ist stumpf, viele haben Verletzungen, Behinderungen und ihre traurigen Augen bleiben einem tierlieben Menschen unvergesslich. Die ärztliche Versorgung kann niemals alle auf der Straße lebenden Tiere erreichen. So laufen kranke, verletzte, alte und junge Hunde auf den Straßen und leben ihr Leben, so gut es geht.

Kastration statt Tötung: Tierschützer kämpfen

Das Ende der Überpopulation von Straßenhunden in der Türkei kann niemals durch die Gesetzesänderung der türkischen Regierung bewirkt werden. Über die Jahre haben sich Tierschützer in der Türkei angesiedelt – aus Mitleid mit den auf den Straßen lebenden Hunden und in der Hoffnung, eine Veränderung des Leides von Straßentieren zu bewirken.

Mit Spendengeldern tierlieber Menschen halten sich die Vereine über Wasser, doch wie soll Millionen von Hunden geholfen werden, wenn einfach die nötige finanzielle Unterstützung fehlt. Der türkische Staat stellt keine Ressourcen zur Verfügung – die politische Lösung für den Umgang mit Straßenhunden ist: die Tötung oder, im besten Fall, die Adoption eines ehemaligen Streuners durch einen privaten Haushalt.

Die einzige nachhaltige Lösung gegen das Leid von Straßentieren in der Türkei ist die Kastration. Es ist nicht möglich, Millionen von herrenlosen Hunden innerhalb kurzer Zeit zu kastrieren. Herrenlose Hunde vertrauen dem Menschen in den seltensten Fällen und es dauert, bis sie eingefangen werden können, damit die Kastration vorgenommen werden kann. Nach der Wundheilung werden die Tiere wieder an ihre Stammplätze zurückgebracht.

Tierschützer und Tierärzte in der Türkei sind also auf Spendengelder angewiesen, um in Zukunft ein Massaker von herrenlosen Hunden verhindern zu können und um die wichtigen Kastrationsprojekte durch aktiven Tierschutz anzukurbeln. Eine gute Möglichkeit des aktiven Tierschutzes wäre es auch, den türkischen herrenlosen Hunden ihre Freiheit zu lassen, ihnen dafür aber geschützte Territorien zur Verfügung zu stellen. Hier könnten sie durch tierärztliche Versorgung – vorbeugende Schutzimpfungen beispielsweise – gesund gehalten werden. Auch könnte man in solchen Gebieten die Straßenhunde anlocken, um sie zu kastrieren und zu registrieren – somit wären sie keine herrenlosen Hunde mehr und bräuchten kein One-Way-Ticket in ein türkisches Tierheim.

Straßenhunde in türkischen Tierheimen: Die Lage

Die meisten Tierheime in der Türkei sind bereits hoffnungslos überfüllt, auch weil entgegen einem Tierschutzgesetz, das im Zuge der Reformen zur EU-Kompatibilität bereits 2004 verabschiedet wurde, viele Gemeinden ihrer Pflicht, ein Tierheim aufzubauen, nicht nachgekommen sind.

Auch die damals per Gesetz geforderten Sterilisierungskampagnen wurden nur sehr schleppend umgesetzt. Das neue Straßentiergesetz 2024 sieht vor, dass die Hunde in den Tierheimen von Privatpersonen adoptiert werden sollen. Gemäß türkischem Gesetz sind es dreißig Tage, die die Hunde im Tierheim bleiben. Wenn die Frist abläuft, werden vor allem kranke, ansteckende oder aggressive Straßenhunde getötet.

Die Tötung von Millionen von eingefangenen Hunden kann niemals die Zahl und das Leid der streunenden Hunde senken. Denn während Streuner erschlagen, vergiftet oder eingeschläfert werden, werden auf der Straße neue Welpen geboren, leben dort, bis auch sie eingefangen werden und das gleiche Schicksal erleiden: eingefangen zu werden, privat aufgenommen oder getötet zu werden.

Die verletzte Seele der Straßenhunde

Erschieße, ertränke, trete, vergifte, überfahre und schlage ich meinen besten Freund tot? Wer hilft den verletzten Seelen der Straßenhunde? Es gibt sie überall, die Menschen, die Tieren in Not helfen. Sie versuchen, die herrenlosen Hunde anzulocken, um sie zu füttern und medizinisch zu versorgen. Solche Menschen sind wohl die Engel dieser armen Kreaturen auf den Straßen, wo Tierschutz kein Nomen ist.

Auf Gut Aiderbichl haben einige Straßenhunde aus der Türkei einen Lebensplatz gefunden, wie beispielsweise Rocky und ihr Bruder Rambo. Ein deutsches Ehepaar unterstützt ein türkisches Tierheim mit Spenden, die gerade mal für das Nötigste reichen.

Als dieses gerade wieder in dem Tierheim war, um Katzen nach Deutschland zu vermitteln, bemerkten sie zwei Hunde mit genetisch deformierten Beinen: Rocky und Rambo. Sie landeten dort, weil ihre Halter dem gesundheitlichen Zustand der Hunde völlig überfordert waren. Dank der Information des deutschen Ehepaars holte Gut Aiderbichl die beiden Hunde aus dem Tierheim. Und so traten die beiden Hunde die Reise nach Österreich an. Aufnahme, Finanzierung und operative Eingriffe folgten. Gut Aiderbichl Kärnten wurde die neue Heimat der selbstbewussten Rocky und des eher schüchternen Rambo.

Aufgrund seiner Schmerzen in den Beinen musste Rambo leider im jungen Alter von vier Jahren erlöst werden.

Wo fängt das Leid der alten, kranken und herrenlosen Hunde in der Türkei und vielen anderen Ländern an, und wo hört es auf? Wie können die Zustände in den Tierheimen in der Türkei verbessert werden, wenn es an allen Ecken und Enden an Geld fehlt?

Hunde aus der Türkei: Rocky und Rambo auf ihrem neuen Lebensweg

Rassehund oder türkischer Tierheim-Hund?

Jeder Hund, der den Zwinger gegen das Wohnzimmer eines tierlieben Menschen tauschen kann, wird ein glücklicher Hund sein. Wozu kaufen wir uns Rassehunde, wenn so viele arme, verängstigte Hunde in Tierheimen auf die Adoption warten? Wieso wird überlegt? Weil sie struppig und schmutzig sind, weil sie vielleicht nur mehr ein Auge haben, weil sie ängstlich sind und erst lernen müssen, wieder Vertrauen zum Menschen zu bekommen? Warum muss ein Hund einen Stammbaum haben?

Ängstliche Hunde aus dem Tierschutz benötigen viel Zeit, und der kleinste Fehler im Umgang mit ihrer verletzten Seele reicht aus, dass sie dem Menschen wieder misstrauen. Wenn ein Hund den schwierigen Weg des Vertrauens allerdings einmal geschafft hat, dann ist er der dankbarste und beste Freund des Menschen.

 

„Wenn ich in die Augen eines Hundes schaue, sehe ich ein Lebewesen, einen Freund, eine Seele.“

Häufig gestellte Fragen

Was regelt das neue Tierschutzgesetz 2024 in der Türkei zum Umgang mit Straßenhunden?

Das Gesetz verpflichtet alle türkischen Städte und Gemeinden, Straßenhunde einzufangen und in Tierheimen unterzubringen. Tiere, die als gefährlich oder schwer krank eingestuft werden, dürfen eingeschläfert werden. Ziel ist es, bis 2028 ausreichend Tierheimkapazitäten zu schaffen.

Wie reagiert die türkische Bevölkerung auf das neue türkische Tierschutzgesetz?

In vielen Städten finden Proteste und Kundgebungen statt. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger fühlen sich den Straßenhunden emotional verbunden und betrachten sie als Teil des öffentlichen Lebens. Sie fordern tierfreundlichere Lösungen wie Kastrationsprogramme, anstatt die Tiere einzuschläfern, und engagieren sich aktiv für deren Schutz.

Wie reagieren türkische Tierschutzorganisationen auf das Gesetz?

Tierschutzvereine und private Helfer kritisieren, dass das Gesetz keine langfristige Lösung bietet. Das Töten von Straßenhunden wird in vielen Fällen auf grausame Weise durchgeführt und verringert die Population nur kurzfristig. Stattdessen fordern Tierschützer den sofortigen Stopp der Tötungen sowie nachhaltige Maßnahmen wie Kastrationen, Impfungen, medizinische Versorgung und Aufklärung.

Wie viele Straßenhunde leben in der Türkei?

Schätzungen zufolge leben in der Türkei mehrere Millionen Straßenhunde. Die Zahl variiert regional stark, ist jedoch in städtischen und ländlichen Gebieten gleichermaßen hoch. Dem gegenüber stehen nur sehr begrenzte Tierheimkapazitäten, sodass ein Großteil der Tiere weiterhin auf der Straße lebt und sich unkontrolliert vermehrt.

Warum gibt es so viele Straßenhunde in der Türkei?

Die Hauptursachen sind fehlende flächendeckende Kastrationsprogramme, das Aussetzen von Hunden durch ihre Besitzer und unzureichende Infrastruktur für die Versorgung herrenloser Tiere. In manchen Regionen gelten Straßenhunde zudem als Teil des Stadtbildes, wodurch gezielte Maßnahmen oft zu spät oder gar nicht umgesetzt werden.

Was bedeutet „Fangen–Kastrieren–Freilassen“ (TNR) und wie funktioniert es?

Bei TNR (Trap-Neuter-Release) werden Straßenhunde eingefangen, kastriert, medizinisch untersucht, geimpft und anschließend wieder an ihrem ursprünglichen Standort freigelassen. Diese Methode ist international anerkannt, da sie die Population nachhaltig verringert, ohne die Tiere zu töten, und gleichzeitig Krankheiten wie Tollwut vorbeugt.

Welche Initiativen von Tierschützern gibt es in der Türkei?

Viele Freiwillige kümmern sich täglich um die Versorgung von Straßenhunden. Sie betreiben private Tierheime, richten Futterstellen ein, organisieren Kastrationsaktionen und übernehmen medizinische Behandlungen. Zudem arbeiten manche Initiativen eng mit Behörden zusammen, um dauerhafte Verbesserungen im Umgang mit Straßenhunden zu erreichen.

Wie ist die Tierheimsituation in der Türkei?

In vielen Regionen der Türkei gibt es kaum Tierheime, und die vorhandenen sind oft überfüllt. Im Vergleich zu Deutschland oder Österreich fehlen häufig grundlegende Standards wie ausreichende medizinische Versorgung, artgerechte Haltung und genügend Personal. Dadurch können viele Hunde nicht optimal betreut werden, was die Situation auf den Straßen zusätzlich verschärft.

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