Nachruf Allgero und Maurice
ALLGERO wechselte vom Zirkus ins Paradies
MAURICE, einst „Teufelshengst“, wurde ein zahmes Pferd
Allgero war Teil einer Zirkusnummer, die sechs Araberhengste umfasste, bevor er 2011 auf Gut Aiderbichl sein Zuhause fand. Bei uns wurde er 21 Jahre alt. Vor einigen Wochen fiel der Vorhang für immer: nicht auf einer Bühne, sondern auf der Weide auf Gut Aiderbichl in Frankreich, die er viele Jahre genossen hatte.
Michael Aufhauser war mit dem Zirkus lange Zeit in Kontakt gewesen und als die Führung des Zirkus aus gesundheitlichen Gründen die Pferdedressurnummer nicht mehr vorzeigen konnte, kaufte Gut Aiderbichl Allgero und seine Freunde frei.
Vom Zirkuszelt unters Himmelszelt von Gut Aiderbichl
Das Leben im Zirkus bedeutete für Allgero acht Jahre Stehen in einer Box im Schauzelt. Mit engen Anbindezügeln und bunten Buschen auf dem Kopf wurde er und die anderen fünf Hengste Tag für Tag ins Zirkuszelt zur Präsentation ihrer antrainierten Nummer geführt.
Laufen und miteinander spielen auf einer Weide kannte Allgero nicht. Hengsthaltung ist ein schwieriges Unterfangen und vom Glück der Tiere ist man hier weit entfernt. Doch es sollte sich alles ändern.
Allgero genoss das Ende der Liberty-Zirkus-Nummer
Die Liberty-Dressur ist eine Dressurnummer ohne Reiter am Rücken des Pferdes. Mit Freiheit – Liberty – hat jedoch eine derartige Dressurnummer nichts zu tun. Vielleicht ist Dressur schön anzusehen? Wie fühlt sich das Pferd, dass mit seiner Dressurnummer das Publikum zum Applaudieren bringen soll? Mag ein Pferd im Zirkus in der Manege laufen, mag es, wenn seine Vorderbeine erhöht stehen und ein Pony unter seinem Bauch durchläuft? Mag es das stolze Pferd, wenn auf seinem Kopf und auf seinem Rücken bunte Federn angebracht sind? Oder bevorzugt das Pferd ein freies Leben, wie es Allgero dann auf Gut Aiderbichl in Frankreich führen konnte?
Gut Aiderbichl Frankreich wurde für Allgero zum Paradies
Es dauerte, bis sich die sechs Hengste, die ein Leben in isolierten Boxen gewöhnt waren, auf die Weide trauten. Allgero vergass den Zirkustrubel relativ schnell und genoss die Freiheit auf dem weitläufigen Landsitz in Frankreich.
Manchmal erzählten uns Allgero und seine fünf Kumpanen aus dem Leben im Zirkus: mit ihrer wunderbaren Körpersprache führten sie uns Fragmente aus der ehemaligen Zirkusnummer vor. So, als wollte uns Allgero sagen: schaut, das war meine Arbeit, aber hier, mit all meinen Artgenossen auf der großen Weide ohne Federn, ohne Gerte und ohne Applaus – hier bin ich ein glückliches, freies Pferd.
Leider verstarb Allgero aufgrund seiner Krebskrankheit. Er war nicht alleine, denn viele seiner Pferdefreunde spürten, dass es mit Allgero zu Ende ging. Sie und all die Tierpfleger begleiteten Allgero zu den Treppen, die ihn auf die große Pferdeweide über der Regenbogenbrücke brachten. Ganz leise legte sich Allgero hin und schloss seine dunklen Augen für immer. Der Vorhang war gefallen, niemand applaudierte, sondern alle weinten ihm nach. Mach’s gut, lieber Allgero.
Haflinger Maurice lehrte die Menschen das Fürchten
Anders als Allgero war Maurice nicht elegant und sanft, sondern galt als „Teufelshengst“. Was hatte Maurice erlebt, was ihn derartig böse gemacht hatte, wofür wollte er sich rächen?
Auch eine geduldige Pferdeflüsterin warf das Handtuch und meinte, dass Maurice unberechenbar und gefährlich war. Aber herzensgute Tierschützer hatten von ihm erfahren und Maurice vor dem Schlachter gerettet.
Was hatte den ehemaligen Zuchthengst Maurice derartig böse und wild gemacht? Wir werden es niemals erfahren, alles blieb im Dunkeln. Wenn Gut Aiderbichl Maurice nicht aufgenommen hätte, wäre er zum Pferdeschlachter gekommen, das war sicher.
Aus dem wilden Maurice wurde ein zahmer Haflinger
Wir hatten Maurice versprochen, dass er ein Aiderbichler bleibt. Die Tierpflegerin respektierte seinen Zorn und ließ ihn toben. Sie redete mit ihm, ganz leise, so, dass nur Maurice Ohren hörten, was sie sagte. Nach wenigen Tagen auf Gut Aiderbichl legte er seine Ohren nicht mehr an, sondern sie standen normal nach oben. Er hätte viele Möglichkeiten gehabt, nach der Tierpflegerin zu treten und sie zu beißen: er tat es nicht. Als zwanzigjähriger Haflinger wurde er Aiderbichler und verbrachte hier zehn Jahre. Maurice genoss den Auslauf, die Liebe und Pflege seiner Menschen und vielleicht wollte er uns danken, dass wir ihn vor vielen Jahren vor der Schlachtung bewahrt haben?
Maurices Todesmeldung war voller liebevoller Worte
(…) Maurice hatte zehn wunderschöne, schmerzfreie Jahre. Mit seinen dreißig Jahren liebte er die Koppel nach wie vor. Leider war der Krebs stärker als Maurice (…) – so die letzten Worte seiner Tierpflegerin.
Alles Liebe, Maurice. Der ehemalige Teufelshengst hatte sich in einen Engel verwandelt – ein großes Danke gilt seiner Tierpflegerin, die ihn durch ihre Liebe ruhig und gelassen gemacht hat.
Pferde zeigen uns, wie es ist, bedingungslos geliebt zu werden.
Von: Gisela Pschenitschnig, Gut Aiderbichl