
Nachruf Fuchs Elli
Das Jahr des Fuchses
Unsere schlaue Elli hat ihre gütigen Augen geschlossen
Im Jahr des Fuchses und im Andenken an unsere verstorbene Fuchsdame Elli möchte ich zunächst auf das Denken und Handeln des Fuchses eingehen. Seit Jahrhunderten taucht der schlaue, listige Fuchs in Märchen und Legenden auf. Der Fuchs gilt als Symbol der Schlauheit, der Täuschung und der Anpassungsfähigkeit. Die Füchse sind Überlebenskünstler und spielen eine wichtige Rolle als Gesundheitspolizei im Wald, denn sie fressen schwache und kranke Tiere.
Füchse sind perfekt angepasste Räuber und gehören zu den hundeartigen Tieren. Füchse leben sowohl als Einzelgänger, als auch in Paaren oder in Familien. Der ursprüngliche Waldbewohner ist mittlerweile auch in anderen Lebensräumen zu finden. So hält er sich in Halbwüsten, an Küsten, im Hochgebirge und in Großstädten auf. In Gärten, Hinterhöfen, Parks und in Mülleimern findet der Fuchs fressbare Abfälle.
Die Scheu vor dem Menschen allerdings hat der Fuchs bis heute nicht abgelegt. Das ist auch gut so, denn nicht die Stadt ist ihre Heimat, sondern der Wald.
Fuchsbaby in Not, das nicht ausgewildert werden konnte
Ob Ellis Mutter etwas zugestoßen war, oder ob sich die Kleine im Wald verlaufen hatte, wussten wir 2011 nicht. Einem Förster fiel das Fuchsbaby auf und er nahm es mit nach Hause zu seinen Kindern. Alle zwei Stunden wurde Elli von den Kindern mit Welpenmilch gefüttert. Die Pflege der kleinen Elli, wie sie die Kinder getauft hatten, war jedoch nur während der Osterferien möglich. Elli hatte Menschengeruch an ihrem Körper und konnte daher nicht mehr ausgewildert werden. Zu gefährlich wäre das für sie in freier Natur gewesen.
Der Mensch, größter Feind des Fuchses, wurde Ellis größter Freund
Besorgt fragten die Kinder auf Gut Aiderbichl an, ob sie die kleine Elli bei uns lassen können und ob es hier jemand gibt, der sie alle zwei Stunden füttern kann. Anna, eine langjährige, erfahrene Mitarbeiterin von Gut Aiderbichl, konnte den Kindern deren Sorge um Elli nehmen. Die einzige Bedingung, die die Kinder stellten, war die, dass Elli weiterhin so hieß, denn die Kinder hatten sie mit geweihtem Wasser so getauft. So viel Liebe und Fürsorge ließen das Fuchsbaby Elli 14 Jahre alt werden.

Elli konnte nicht mehr ausgewildert werden
So blieb sie 14 Jahre unter dem Schutz von Gut Aiderbichl. Sie lebte in einem eigens errichteten Fuchsbau, der ihr nachts Zugang zum großen Fuchsgehege bot. Elli liebte ihren Fuchsbau, wo sie sich tagsüber verstecken konnte und schlief. Nur wenn sie Anna kommen hörte, wurde sie quirlig und freute sich bei der Frage: „Wo ist denn die Elli, mein Schatz?“. Anna, die Fuchsmama, wie sie über die Grenzen von Henndorf hinaus bekannt ist, durfte Elli hochnehmen, den Bauch kraulen, die Ohren massieren. Die beiden führten über viele Jahre ihre ganz besondere Kommunikation.
Elli war acht Jahre alt, als wieder ein Findling in den Fuchsbau kam. Es war Stella, die mit Bisswunden in einem Bauerngarten gefunden worden war. Wieder wusste Anna, was zu tun war. Alle zwei Stunden wurde Stella gefüttert, und zwar auch nachts. Elli hatte sich dazu entschieden, dem kleinen Fuchsbaby die beste Freundin zu werden. Sechs Jahre haben die beiden miteinander verbracht.
Nach 14 Jahren begann Ellis Lebenslicht zu flackern
In den letzten Wochen signalisierte Elli jedoch, dass sie nun in die Jahre gekommen ist, dass sie langsam schwächer wurde und kränkelte. Elli wurde also mit Medikamenten, Vitaminen und mit Liebe versorgt. Annas Fürsorge war Ellis Highlight. Und trotz aller Fürsorge für Elli spürte Anna, dass sich ihr Liebling verabschieden wollte. Die beiden waren eine Symbiose geworden, Anna versteht die Sprache ihrer Tiere.
Am Ende macht sie die Nacht zum Tag
Ellis Abschied war so besonders, wie der Fuchs es ist. Geheimnisvoll, leise und elegant nahm unsere schlaue Füchsin ihre Umwelt noch einmal wahr.
Zum Wochenende gab es strahlendes Wetter und – entgegen der Natur – zeige sich Elli tagsüber im Außengehege und genoss die warme Frühlingssonne. Sie holte sich auch noch ein verstecktes Ei unter einem Stein hervor.
Besonders und anders war auch, dass sich Elli an Stella schmiegte und neben ihr schlief. Außerhalb ihres gewohnten Fuchsbaus kuschelte sie mit ihrer jungen Freundin Stella, als wollte sie sagen „Ich werde gehen, mach’s gut, liebe Freundin“.
Leiser und friedlicher Abschied
Anna hielt Elli am Schoß, als sie langsam einschlief. Alles war ganz leise. Man hörte nichts mehr. Nur das leise Weinen der Menschen um die liebe Elli. Stella stellte sich schlafend und weinte vielleicht in ihre Pfötchen? Sie trauert sehr um ihre Freundin.
(…) „Was heißt zähmen?“, fragt der kleine Prinz, der Fuchs antwortet: „Es bedeutet, sich vertraut machen“. (…) Beim Abschied meint der Fuchs: „Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
– Antoine de Saint – Exupéry
Liebe Elli,
es ist manchmal schwer, die richtigen Worte zu finden. Du warst so besonders und hast mich immer dazu angespornt, den Besuchern über das Leben der Füchse zu erzählen. Wie wichtig ihr im Wald seid und wie rücksichtslos der Mensch euer natürliches Wohnzimmer immer kleiner macht.
Ich werde nicht aufhören zu sagen, dass das wunderschöne Fuchsfell auf den Körper der Tiere gehört und nicht auf den Körper eines Menschen. Oft habe ich bemerkt, wie du die Augen zusammengekniffen hast – „Ja, sag es ihnen. Immer wieder!“.
Alle Tierpflegerinnen und im besonderen Anna und Stella sind tapfer, aber sie weinen um dich. Eine Große, Unvergessliche ist gegangen. Genieße den riesigen Wald auf der anderen Seite des Ufers.
Mach’s gut, liebe Elli.
Von: Gisela Pschenitschnig, Gut Aiderbichl