Iwan war
„Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“
Kuh Isetta brachte Iwan im Dezember 2022 zur Welt, und gleich war klar, dass Iwan ein gesundheitliches Problem hatte: er konnte mit den Vorderbeinen nicht aufstehen. Es gab eine tierliebe Dame, die den Kleinen nicht aufgeben wollte. Sie hob ihn jeden Tag auf, fütterte ihn auch im Liegen, wenn es mit dem Stehen nicht klappen wollte.
Iwan übte fleißig bei den Dehnungsübungen mit, und die Therapie schien zu wirken. Dann kam Durchfall und eine Bronchitis … Iwan zeigte Lebenswillen und kam zu Kräften. Er wollte ein kleiner Kämpfer sein.
Iwan kam nach Gut Aiderbichl Deggendorf. Dort wartete schon ein schöner Stall mit viel Stroh auf das damals fünf Monate alte Kälbchen. Alle hatten sich sofort in seine großen, dunklen Augen mit den langen Wimpern verliebt, und jeder Tierpfleger wollte das Beste für den kleinen Iwan geben.
Im Stall, aus dem Iwan gekommen war, war sein bester Freund Michi zurückgeblieben. Wir wurden gefragt, ob Iwans bester Freund auch nach Deggendorf kommen kann. Fröhliches und glückliches Muhen war zu hören, als die beiden Stierkälbchen-Freunde sich wieder gegenüberstanden. Ein Gehopse, an dem auch Iwan teilnahm, ging los. Seine Beinchen hatten sich gut entwickelt, und auch der Husten hatte nachgelassen.
Die Natur hat immer das letzte Wort – was bedeutet das? Die Natur gibt den Rindern die Hornanlage, weil daran die Wärmeregulierung für den Körper angekurbelt wird, mit den Hörnern orientieren sich die Tiere. Eine Schafmama, Ziegenmama, Fuchsmama … lässt ihre schwächeren oder kränklichen Babys liegen. Sie werden der Natur zurückgegeben. Das mag hart sein, aber die Natur regelt die Dinge, wie sie es für gut befindet. Sie hat immer das letzte Wort in ihrem System für Mensch und Tier.
Unser kleiner Iwan bekam Probleme mit der Verdauung, und auch wieder Probleme mit den Beinen. Iwan war von Mutter Natur eine kurze Zeit geschenkt worden. Vor einigen Tagen konnte er nicht mehr aufstehen, und hatte auch Lähmungserscheinungen. Keinesfalls durfte Iwan leiden. Keine Therapie und kein Medikament schien zu helfen.
Nicht hopsend, aber im Beisein seiner Tierpfleger und seines Freundes Michi schlief der kleine Iwan ein. Ganz ruhig, sanft und mit dem Gefühl, dass er einige Monate voller Liebe und Lebensfreude erleben hatte dürfen. Das letzte Machtwort über Iwans Weiterleben hatte nicht der Mensch, sondern die Natur.
Vielleicht bedeutet Liebe auch lernen, jemanden gehen zu lassen, wissen, wann es Abschied nehmen heißt. Nicht zulassen, dass unsere Gefühle dem im Weg stehen, was am Ende wahrscheinlich besser ist für die, die wir lieben.
~ Sergio Bambaren
Lieber kleiner Iwan,
Gleich der Beginn deines Lebens war holprig. Aber es gab Menschen, die für dich kämpften und deinen Lebenswillen unterstützten.
Wir konnten dir kein langes Leben schenken, aber wir durften dich verwöhnen und dich lieben. Was war schöner, als sich von dir abschlecken zu lassen, und deine Zuneigung zu spüren. Du hast Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen. Du hast wieder gezeigt, dass auch ein Tier mit Handicap leben möchte, und sein Leben so lange wie möglich genießen möchte.
Deine Lebenskerze war leider sehr klein.
Wir werden dich niemals vergessen – kleiner Iwan.