
Nachruf Mariandl
Ihre Geschichte krönt die Philosophie von Gut Aiderbichl
Das Schicksal stellte die Weichen
Was ahnen Tiere? Was fühlen sie, wenn sie am Viehmarkt stehen und auf einen Käufer warten? Wissen sie, was sie erwartet? Für das Noriker-Fohlen Kathi stellte im Herbst 2004 das Schicksal die Weichen. Michael Aufhauser überbot den Kaufpreis, den ein italienischer Pferdehändler bereits bezahlt hatte. Er wollte das traurige Fohlen mit der Nummer 53 kaufen und nahm gleich noch 30 weitere Ponys mit, um sie so vor dem wohl sicheren Tod zu retten. Ein beschütztes, glückliches Leben sollte für Kathi beginnen.
Das traurige Geheul der Kathi nach der Mama
Auf Gut Aiderbichl in Henndorf stand Kathi mit den Ponys am Paddock und zog sich immer mehr zurück. Sie wollte nicht fressen, die besten Karotten und Streichel-einheiten schienen das junge Fohlen nicht zu interessieren. Kathi wurde immer schmäler und wir wussten, dass ihr die Mama fehlt.
Es ist so, dass auf Fohlenmärkten die jungen Pferde zum Verkauf stehen und von der Mutter getrennt werden. Nervös und traurig bleiben sie allein zurück und warten auf einen Käufer. Es geht ums Geld. Michael Aufhauser und sein Team konnten die Stute ausforschen und freikaufen und Mama Mariandl nach Gut Aiderbichl in Henndorf bringen.
Aus dem Freudengeheul wurde ein Freudentanz
Dann war es so weit. Der Transporter war noch zwei Kilometer vom Gut entfernt und die Mariandl-Mama wurde unruhig. Sie wieherte laut und war ganz aufgeregt. Über dem Hof lag der Nebel und Kathi zappelte und trampelte wild und aufgeregt am Paddock herum.
Der Transporter wurde neben dem Paddock abgestellt und da standen die Menschen und wurden genauso unruhig wie Kathi und ihre Mama. Die Menschen begannen zu verstehen, was da gerade vor sich ging. Sie weinten ergriffen über dieses wunderbare Ereignis der Wiedervereinigung eines traurigen Fohlens und seiner Mama.
Was wir daraus gelernt haben? Tiere haben Gefühle und sie haben eine Seele und vergessen einander nicht. Das Fohlen und die Stute hatten instinktiv gespürt, dass etwas Wunderbares geschieht. Obwohl sie sich nicht sehen konnten, fühlten sie und freuten sich auf das Wiedersehen. Bei der Ankunft war Mariandl trächtig und so bekam Kathi noch eine Schwester – das Glück war perfekt und die Jahre vergingen.
Mariandl kam nicht mehr nach Hause
Seit längerem schon litt Mariandl (24 Jahre) immer wieder an Koliken. Manche konnten wir selbst wieder wegbekommen, doch manchmal war auch ein Klinikaufenthalt für unser Mariandl notwendig. Die Betreuung und Fütterung mußte immer spezieller werden. Eine neuerliche Kolik vor wenigen Tagen und deren Ausgang versetzte die Mitarbeiter von Gut Aiderbichl unter Schock: Mariandl erlitt eine so schwere Kolik, dass sie mit dem Transporter in die Klinik gebracht werden musste. Die Ärzte kämpften um ihr Leben, doch der Kampf wurde verloren. Ein Meer von Tränen begleitete unsere Mariandl zur Regenbogenbrücke.
Letzte Gedanken für Mariandl-Mama von unserer Cheftierpflegerin Eva
Liebe Mariandl-Mama,
Der Abschied von dir fällt uns allen besonders schwer. Wir wissen, dass du jetzt im Pferdehimmel galoppierst und keine Schmerzen mehr hast. Manchmal geschehen Dinge, die man Tage später immer noch nicht realisieren kann. Es fällt mir unheimlich schwer, durch die Stallgasse zu gehen und vor deiner leeren Box zu stehen.
Der Tag, an dem du gestorben bist, läuft gerade wieder wie ein Film vor meinen Augen ab:
am Morgen haben wir dich und deine Mädls auf die Schnitzelkoppel geführt. Wie immer habt ihr die Zeit an der frischen Luft genossen und genüsslich an der Heuraufe gefrühstückt. Du hast auch deine Medikamente gegen die Arthrose und gegen deine Magenentleerungsstörung genommen. Alles war wie sonst.
Dann hast du begonnen, mit den Vorderhufen zu scharren und hast immer auf deinen Bauch zurückgeschaut. Sofort wusste ich, dass da etwas nicht stimmt. Der herbeigerufene Tierarzt war wenige Minuten später bei dir und es wurde schnell klar, dass du wieder Bauchschmerzen hast.
Wir führten euch zurück in den Stall und unternahmen alles, um dir zu helfen. Du hattest Schmerzen und wir beschlossen, dich sofort in die Tierklinik zu fahren. Ein Ultraschall und ein Blutbild zeigte, dass die Schmerzen unerträglich waren. Die Tierärzte schüttelten den Kopf und wir mussten akzeptieren, dass man dir nicht mehr helfen konnte. Eine Welt brach für uns zusammen. Du bist nicht mehr da, deine Box steht leer und deine Mädls und wir alle sind unendlich traurig.
Liebe Mariandl, DANKE, dass wir dich so viele Jahre begleiten durften. Wir vermissen dich sehr, mach’s gut da oben!
Deine Eva
Letzte Gedanken von den Tierpflegerinnen und dem Tierpfleger Martin
Unser liebe Mariandl gibts nicht mehr und sie fehlt uns jetzt schon. Ich durfte sie als Grande Dame mit starkem Charakter kennenlernen. Die Leitstute ihrer Herde bestehend aus ihren zwei Kindern „Mariandl Kind“ und „Kathi“ sowie einer weiteren Mutter „Fiona“ mit ihrer Tochter „Mariella“.
Ich hatte viele schöne Zeiten mit ihnen, aber vor ca. 3 Wochen zwei sehr bewegende Erlebnisse. Am 23.5. ging es Mariandl nicht gut und ich musste sie in die Klinik fahren. Auch ihre Herde wieherte lautstark und nervös, als wir sie in das Auto brachten.
Immer ein trauriger Moment für Mensch und Tier, da man nicht genau weiß, was einem nach der genauen Untersuchung in der Klinik erwartet. Wir versicherten ihrer Herde, dass sie wieder zurückkommen wird.
In der Klinik wurde dann eine Magenentleerungsstörung diagnostiziert und sie musste 1 Woche stationär bleiben und wir wussten, durch diese Diagnose wird sich das Leben und ihr Fressverhalten drastisch verändern. Aber wir waren bereit dafür, um ihr weiterhin ein angenehmes Leben zu ermöglichen.
Umso schöner war es dann, dass ich sie 1 Woche später wieder abholen durfte.
Ich ging zu ihrer Box und sie freute sich sehr, als ich sie öffnete. Sie lief förmlich allein in das Auto und wollte unbedingt wieder zurück aufs Gut. Zu ihrer Herde.
Ein schöner Moment, welcher aber noch getoppt werden sollte.
Mariandl war die ganze Zeit ruhig während der Fahrt nach Hause.
Doch als wir am Gut die Allee hinauffuhren, fing sie vor Freude ganz laut zum Wiehern an. Sie wusste sie war wieder zuhause.
Doch einer der schönsten und herzergreifendsten Momente, die ich in meiner Zeit am Gut dann erleben durfte, war, als ihre Herde sie hörte und ebenfalls so laut zu Wiehern begann, dass man wieder wusste: da sind Gefühle, die man nicht beschreiben kann im Spiel.
Und….nicht nur ihre Herde, alle Pferde begrüßten sie lautstark und erwiderten Mariandls Wiehern! Es war klar allen klar… Die Grande Dame, die Chefin, die Leitfigur von Gut Aiderbichl war zurück! Leider nur für 10 Tage, dann trat sie endgültig ihre letzte Reise an. Du wirst uns Mitarbeitern und allen Pferden sehr fehlen! Machs gut Mariandl!
Dein Martin und alle Kolleginnen
Ich sitze hier – ich schreibe über dich und weine bei jedem Wort
Liebe Mariandl,
es gab keine einzige Führung in den vergangenen 20 Jahren, in denen der Weg die Gäste nicht zur Box mit dir, Kathi und Mariandl II führte.
Ich habe bei der Erzählung der Wiederzusammenführung immer den Youtube-Film vor Augen: Der Transporter geht auf, du wirst hin zu deinem aufgeregten Fohlen Kathi geführt und ein lautstarkes, glückliches Wiehern, so laut wie die Musik von einem Orchester mit 100 Pauken und Trompeten, zieht über den Hof.
Tiere fühlen, sie trauern und freuen sich und sie zeigen ihre Gefühle – alles Dinge, die wir Menschen von euch lernen können. Ich werde von dir und deiner Kathi weiterhin erzählen – ich werde weiterhin Gänsehaut bekommen und ich werde beim Erzählen weiterhin feuchte Augen und eine zittrige Stimme haben. Und die meisten Menschen werden ruhig dastehen und werden sich immer an die traurig-glückliche Geschichte von Mariandl und ihrer Kathi erinnern. Mach’s gut Mariandl – deine Hufe haben Spuren in unseren Herzen hinterlassen.
Gisela
Du magst unser Leben verlassen haben, aber unsere Herzen wirst Du nie verlassen.
– Unbekannt
Von: Gisela Pschenitschnig, Gut Aiderbichl