
Nachruf Rind Cosima
125 Kühe verbrannten im Feuer. Cosima überlebte das Inferno.
Es geht einem durch Mark und Bein, wenn von einem brennenden Hof berichtet wird, wo Tiere im Stall stehen und deren Leben durch Feuer ausgelöscht wird. Manche haben Glück und überleben, weil sie noch aus dem brennenden Stall rennen können, viele Tiere allerdings haben oftmals keine Chance, dem Inferno zu entkommen.
So war es auch im Jahr 2014, als mitten in der Nacht in einem Milchviehbetrieb ein Feuer von unbeschreiblicher Dimension ausbrach. 125 Rinder verbrannten bei lebendigem Leibe im Freilaufstall. Nur acht Rindern gelang die Flucht aus dem Feuer, wobei eine Kuh mit verbrannter Zunge tot aufgefunden wurde.
Welche Qualen müssen die Tiere in diesem Feuerofen ertragen haben? Die Katastrophe war auch, dass Rinder, die ins Freie gelangt waren, in ihrer Panik wieder in den brennenden Stall zurückgelaufen sind. Dieses entsetzliche Phänomen kennen wir auch von Pferden, die vor Feuer flüchten und aus Panik dann doch wieder in den brennenden Stall zurücklaufen.
Cosima rannte um ihr Leben und versteckte sich über drei Wochen. Herumirrend litt sie an ihren entsetzlichen Brandwunden am Rücken und daran, dass sie nicht gemolken werden konnte. Irgendwann erfuhren wir, dass Cosima und die anderen sechs überlebenden Rinder eingefangen worden und als Überbrückung in einem Stall untergekommen waren.

Aber dem war nicht genug: Cosima war dazu trächtig und konnte auf Gut Aiderbichl Iffeldorf ihre neue Heimat finden. Fünf Monate nach dem großen Feuer brachte die tapfere Kuh einen gesunden Stier namens Fridolin zur Welt. Cosima und ihr kleiner Fridolin verbrachten ein glückliches und beschütztes Leben auf Gut Aiderbichl, bewacht von Cosimas Stallfreundin Arabella, die wie eine Tante über Fridolin wachte.
Mit der Zeit verlor Cosima das Trauma, dass sie seit dem Stallbrand begleitet hatte. Auch ihre Freundin Arabella wurde ruhiger und genoss mit Cosima und dem kleinen Fridolin die Zeit auf den Weiden von Gut Aiderbichl Iffeldorf.
Cosima war eine fröhliche Kuh gewesen, die immer gute Laune zeigte. In den über zehn Jahren auf Gut Aiderbichl gab es nichts, was sie aufregte. Allerdings, als ihr Fridolin im Alter von zehn Jahren aufgrund starker Arthrose in den Vorderbeinen im letzten Sommer verstorben ist, veränderte sich Cosimas Verhalten und eine tiefe Traurigkeit umhüllte sie. Wir wissen, dass Tiere trauern können. Genau wie Menschen haben Kühe die Fähigkeit, Gefühle zu empfinden und können aus verschiedensten Gründen weinen. Kühe sind intelligent und lassen – wie Elefanten, Affen, Hunde, Esel usw. – Tränen fließen.
Mit 17 Jahren war Cosima eine betagte Kuh. Vor einigen Wochen signalisierte sie jedoch, dass sie sich für den Weg über die Regenbogenbrücke vorbereitete. Sie wurde immer schwächer und war umgeben von ihren vertrauten Tierpflegern, als sie leise „adieu liebe Welt”, sagte. Ruhig schloss sie ihre Augen und wanderte über die große Weide zu ihrem Sohn Fridolin, der einige Monate vor seiner Mutter verstorben war.
(…) „Liebe ist das Empfindlichste und gleichzeitig das Stärkste, dass es im Leben gibt. Lebendige Liebe bleibt über das Leben hinaus; sie ist das einzig Lebendige, dass ewig bestehen kann", murmelte der junge Fuchs, während er dem ewig kleinen Prinzen nachwinkte, "und Abschied gehört zum Leben." (...)
– Antoine de Saint-Exupéry
Liebe Cosima,
wir sind dankbar, dass wir dich viele Jahre begleiten durften und erkennen konnten, dass du dein Trauma mehr und mehr abgelegt hast. Fridolin machte dein Glück perfekt. Leider ist er einige Monate vor dir verstorben und vielleicht war das auch ein wenig der Grund, dass du es dir leichter gemacht hast, deine Augen für immer zu schließen?Arabella trauert um ihre große Freundin und doch haben wir den Eindruck, dass sie davon überzeugt ist wie der Kleine Prinz, „Abschied gehört zum Leben“.
Mach’s gut liebe Cosima und schicke hie und da ein leises Muh von deinem Stern.