Nachruf
Duvet schwamm sanft und leise ans andere Ufer
Nicht nur für die Menschen, auch für die Tiere war die Hochwasser-Katastrophe 2013 in Deggendorf, Deutschland, eine Tragödie. Gut Aiderbichl machte sich damals auf den Weg, um zu helfen. Wir wissen, dass Kühe brüllen, wenn sie fühlen, dass etwas Schlimmes kommt, dass Pferde dann bockig werden und weglaufen, und Hühner laut zum Kreischen anfangen. Wir konnten nur ahnen, was sich in den Stallungen und auf der freien Wildbahn im Hochwassergebiet abspielte – und wir waren damals schockiert, als unsere Vermutungen der Realität entsprachen. Ein Damm drohte zu brechen, eine Bäuerin wollte trotzdem ihre Rinder nicht zurücklassen, Kälber wurden auf Anhöhen befördert und die Mitarbeiter von Gut Aiderbichl retteten die Kühe aus dem Stall. Menschen, Hunde, Katzen, die Tiere im Wald … alle kämpften ums Überleben. Viele Tiere bekamen damals den Gnadenschuss – die Fluten erlaubten es den Rettern nicht mehr, die Tiere aus den Stallungen zu holen.
Eine der vielen Tierrettungen bleibt in besonderer Erinnerung: Duvet, Fedi, Biggi, Emil und Gloria, fünf graue Hausgänse, wurden ölverschmiert im Umfeld eines zerstörten Heizöltankers entdeckt. Das Heizöl trieb im Wasser, und viel Zeit blieb nicht mehr, um die Gänse zu retten. Die Tiere konnten geborgen werden, und mühevoll wurde das Heizöl aus ihrem Federkleid gewaschen. Zum Glück waren die inneren Organe vom Öl nicht angegriffen.
Duvet, Fedi, Biggi, Emil und Gloria bekamen wieder saubere Federn, und bald watschelten sie zufrieden über den Hof auf Gut Aiderbichl Kärnten. Nach und nach starben in den letzten Jahren leider Fedi, Biggi, Emil und Gloria.
Duvet war nicht alleine, denn auf dem Hof in Kärnten leben viele Federtiere. Duvet spazierte ganz gerne mit Donald Duck, einer Mastente, Redford, einer Lockengans, Martin, einer Weißen Hausgans, und all den anderen Enten und Gänsen übers Gelände. Duvet war kein Draufgänger, Feigling, kein Single. Duvet war für alle da, und versprühte seinen Charme und große Zufriedenheit mit sich und der Welt.
Er hatte seinen eigenen Charakter, er war weise und wollte mit 18 Jahren Gemütlichkeit, Ruhe und seine besten Freunde, zu denen auch Markus, der Gutsverwalter zählte, um sich haben. Obwohl Gänse seit vielen, vielen Jahrhunderten mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht haben, gewinnen sie rasch Vertrauen. Markus und all die Tierpfleger hatten wohl Duvets Herz erobert. Was Duvet wohl nie vergessen hat, war, dass Menschenhände seine ölverschmierten Federn mühevoll gereinigt hatten, damit er weiterleben konnte.
Mit 18 Jahren war Duvet in die Jahre gekommen. Ohne Vorankündigung gesundheitlicher Probleme, fand Markus seinen Freund Duvet am Morgen leblos: in aller Ruhe eingeschlafen und dankbar für die Zeit, die er mit seinen Artgenossen und seinen Menschen in den letzten Jahren genießen hatte können.
Mach’s gut, lieber Duvet. Nun bist du bei Fedi, Biggi, Emil und Gloria.
Das Mitgefühl für Lebewesen in ungleicher Gestalt ist vielleicht die höchste Form von emotionaler Intelligenz.
~ Simon Gabriel
