Eseldame Vroni
Auf der Suche nach einem eselgerechten Zuhause
Aus der Sicht einer Aiderbichlerin
(geschrieben von Gisela Pschenitschnig)
Esel sind sanftmütig, intelligent, stark fordernde Charaktere, sie spiegeln das menschliche Verhalten im Umgang mit Stress, Widerstand, Druck usw. – sie sind unser Spiegel, vielleicht liebe ich sie deshalb so?
Vroni lebte seit einem Jahr bei einer jungen Frau, die auf einem angepachteten Hof Tieren aus dem Tierschutz ein Zuhause gibt. Nun kommt ein Baby, und die Frau muss ihren Tierbestand verkleinern. Die Anfrage um Aufnahme kam nach Gut Aiderbichl, und seit wenigen Wochen lebt nun Vroni auf dem Heimathof Gut Aiderbichl Deggendorf.
Vroni wollte niemand haben
„… Ich habe schon mehrere private Anzeigen im Facebook versucht, aber es hat sich niemand gemeldet …“. Nun hat Vroni ein neues Für-Immer-Zuhause gefunden. Ihr Weg hierher war doch ein langer.
13 Jahre verbrachte Vroni ihr Leben einsam und alleine auf einem Waldgrundstück einer sehr betagten Dame, bevor sie auf den kleinen Hof der neuen Besitzerin gekommen war.
Vroni wird uns als etwas problematisch geschildert: anhalftern geht nur in der Box ohne Ausweichmöglichkeit, sie ist nicht böse, aber sie weicht zurück, wenn es die räumlichen Gegebenheiten zulassen. Mit zwei anderen Eseln, die ebenfalls auf dem Hof leben, gab es keinerlei Schwierigkeiten.
Esel sind gesellige und empathische Gefährten seit Jahrtausenden
Prinzipiell ist der Esel ein geselliges und gutmütiges Tier, das Freundschaften schließen möchte. Ein Esel ist nicht dazu geschaffen, alleine zu leben. Dann macht er es so, wie Vroni. Er zieht sich zurück. Der Esel ist sehr belastbar und zeigt im Unterschied zum Pferd weder Schmerz, Angst, Stress oder Krankheit. Er ist auch verschmust, treu und intelligent.
Bereits die Ägypter schätzten den Esel als Gefährten. In der römischen Mythologie taucht der Esel als Symbol der Fruchtbarkeit auf. Die wichtigste Aufgabe des Esels war es wohl, wie es die Geschichte sagt, Jesus am Palmsonntag auf seinem Rücken nach Jerusalem zu tragen. In diesem religiösen Zusammenhang steht der Esel für das Demütige, das Schwache und für das Nichtkriegerische.
Vroni will neuerdings begrüßen und wartet auf Streicheleinheiten
Vroni beginnt langsam, die Tierpfleger zu stupsen, wenn sie mit dem Futter kommen. Stupsen bedeutet – „schön, dass du da bist, ich genieße deine Nähe …“, Vroni fängt auch an, ihre Menschen zu beschnuppern, sie ist interessiert und aufmerksam.
Aus der schüchternen Vroni wird mehr und mehr eine liebevolle und streichelsüchtige Eselin. Bald werden die Tierpfleger den ersten Versuch unternehmen, Vroni mit den anderen Eseln auf Gut Aiderbichl Deggendorf zu vergesellschaften, ich denke, es wird nicht schwierig sein.
Ich wünsche mir die Ruhe und die Besonnenheit der Esel …
Der Esel hält uns Menschen den Spiegel vor die Nase: schau, so bist du. Wenn man es zulässt, kann der Esel der Lehrer des Menschen sein. Wie verhält er sich in schwierigen Situationen? Er bleibt stehen, wägt ab, geht weg und manchmal versteckt er sich auch. Er rennt nicht blindlings los, er ist ein kluger Beobachter und Philosoph.
Wünschen wir Vroni ein langes, glückliches Leben und viele Streicheleinheiten. Lernen Sie an den Eselohren, wie die Tiere es genießen, wenn die Ohren an der Außen- und Innenseite gestreichelt werden. Wenn der Hals immer länger wird, und die Ohren sich zurücklegen, die Augen sich schließen, und die Unterlippe locker ist, dann haben Sie es geschafft, aus dem Esel einen Genießer und ihren Freund zu machen.
Herzlichst,
Ihre Gisela