Ebony und Gentile
Eine Sanfte und ein Wilder finden Ruhe auf Gut Aiderbichl
Aus der Sicht einer Aiderbichlerin
(geschrieben von Gisela Pschenitschnig)
Ebony, eine Hannoveraner Stute, sechs Jahre, und Gentile, ein Trakehner, acht Jahre, wurden für den Dressursport trainiert. Die Pferde sollten gut sein, und Preise gewinnen. Allerdings dürften sich Ebony und Gentile ihr Pferdeleben anders vorgestellt haben, und gaben zu verstehen, dass der Dressursport wohl nicht das Richtige in ihrem Leben sei.
In so einem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: es wird trotzdem Dressur geritten oder – unglaublich, aber wahr: die Gefühle und Reaktionen der Pferde werden wahrgenommen und respektiert. Die Besitzer der beiden Pferde wollten auf keinen Fall die Tiere mit Zwang zum Erfolg bringen. Ganz im Gegenteil, sie ließen ihre beiden in Pension gehen. Ebony und Gentile sind glücklich und vor den ehemaligen Besitzern sage ich, mit Verlaub: „Chapeau!“.
Ebony
schwarz wie Ebenholz
Ebony kommt aus dem Zuchtstall der Vorbesitzer und wuchs auch auf diesem Pferdehof auf. Behutsam wurde Ebony zum Bereiten trainiert, sollte sie doch eines Tages im Dressursport mitwirken, und große Preise nach Hause bringen.
Ebony ist hochsensibel, und es wurde festgestelt, dass ihr Nervenkostüm eher zart besaitet war. Im Wettbewerb verließen sie die Nerven, und alles rundherum war unheimlicher Stress für die Hannoveraner Stute.
Nach langem Hin- und Her überlegen, kam man zum Schluss, Ebony einfach Pferd sein zu lassen. Ebony dankt diese Entscheidung, in der Pferdegruppe auf Gut Aiderbichl Henndorf leben zu dürfen, mit ihrem sanften Wesen, mit ihrer ruhigen Art, wie sie sich von den Menschen berühren lässt. Sie vom Sport freizugeben, war eine gute Entscheidung.
Gentile
edel und liebenswürdig
Gentile wurde mit fünf Jahren von den Vorbesitzern gekauft, und sollte, wie Ebony, in den Dressursport gehen. Wenn man Gentile ansieht, spürt man seinen Stolz, er ist edel und liebenswürdig. Allerdings nur solange man ihn nicht satteln will.
Da wurde Gentile unberechenbar, riss sich vom Halfter los und wusste, wo er mit seinen Hufen die empfindlichen Stellen beim Reiter treffen konnte.
Deutlich und klar war seine Körpersprache: „Ich will kein Dressurpferd sein!“. Auch im Falle Gentiles entschlossen sich die Vorbesitzer dazu, dem Willen des Pferdes Geltung zu geben.
Ebony und Gentile und ihr freies Leben auf Gut Aiderbichl
Es ist wunderbar, dass im Falle der beiden ehemaligen Dressurpferde nicht die Dressurkarriere, sondern die Lebenskarriere der Pferde Geltung bekam.
Die Energie, die vor allem Ebony freigibt, lässt fühlen, dass sie sehr dankbar für ihre Freiheit ohne Stress ist.
Gentile scheint zu fühlen, dass ihn niemals ein Aiderbichler Pferdewirt satteln wird wollen, denn auf Gut Aiderbichl werden Pferde nicht geritten. Sie brauchen keine Leistung bringen und sind frei, wie der Wind.
Du musst die Dinge mit dem Auge in deinem Herzen ansehen, nicht mit dem Auge in deinem Kopf.
~ Lame Deer (Lakota-Sioux) (1903 – 1976)
Wünschen wir Ebony und Gentile viele gesunde Jahre in ihrer Freiheit. Ein Dank an die Menschen, die die Seelen ihrer Pferde nicht brechen wollten.
Ihre Gisela
