Wellensittiche Kiwi und Bubi
Mahnmale der Natur
Aus der Sicht einer Aiderbichlerin
(erzählt von Gisela Pschenitschnig)
Kiwi und Bubi leben nun seit einigen Wochen im neuen Wellensittichhaus am Begegnungshof von Gut Aiderbichl Henndorf. Die Besitzerin meinte, dass sie sich bei ihr unwohl fühlen.
Wenn man die Herkunft der Wellensittiche studiert, könnte es wirklich sein, dass sie sich in ihrer ursprünglichen Heimat, in Australien, wohl fühlen würden. Auf Umwegen kamen die Wellensittiche in andere Teile der Erde. Sie gehören zu den beliebtesten Vögeln und sitzen in zahlreichen Haushalten Europas in zu engen Käfigen. Manche fliegen durch die Wohnung und setzen sich auf eine Schranktür, der Großteil schaut beim Fenster hinaus und meint: „Da draußen will ich eigentlich sein. Meine Heimat ist die Natur, die Bäume, der Himmel, die Sonne und der Wind…“.
Exoten in europäischen Haushalten
Es ist modern geworden, verschiedenste Echsen im Wohnzimmer in einem Terrarium zu halten. Wer kennt noch den heimischen Feuersalamander? Der ist nicht interessant, wir wollen das Fremde, das Exotische. Es gibt Schlangen, die in Terrarien leben, und dann irgendwo in der Kälte ausgesetzt werden.
Fragt sich jemand, ob die Tiere damit einverstanden sind? Die Natur hat ihre Hausaufgaben gemacht, und bestimmt, welche Tierarten für die Wüste, für die Pole, für das Festland, das Meer usw. bestimmt sind. Das Verteilungssystem der Natur ist durchdacht und eingeteilt in ein logisches Artennetz, das der Mensch durch sein Eingreifen leider mehr und mehr zerstört.
Tiere sind Modeerscheinungen oder erinnern an die Kindheit
Als Kind hatte ich zwei Meerschweinchen – Lisi und Wuschel, und dann auch zwei Wellensittiche – Mucki und Hansi. Ich werde diese Tiere nie vergessen, doch heute denke ich anders, und würde mir keinen Vogel in der Wohnung in einem kleinen Käfig halten. Ich kenne Menschen, die sammeln Bierdeckel, andere sammeln Steine, wieder andere Knöpfe oder Briefmarken. Papageien, Wellensittiche, Kanarienvögel, Spinnen oder Echsen – sie alle sind keine seltenen Briefmarken, sondern Lebewesen und somit Mitgeschöpfe. Entfernt man Puzzleteilchen und versucht, sie an einer anderen Stelle einzusetzen, ist es vorbei mit Perfektion. Eine Vogelspinne gehört in den Urwald und nicht in ein Terrarium. Der Elefant lebt am liebsten in Afrika oder Indien, und vereinsamt nicht gerne in einem Zoo oder im Zirkus.
Hilferufe füllen das Wellensittichhaus schneller als gedacht
Gut Aiderbichl hilft Tieren in Not, wo immer möglich. Vor einigen Jahren sollten wir 80 Wellensittiche retten. In Wirklichkeit waren es dann gezählte 323 Sittiche, die in einer Altbauwohnung lebten. Die Sittiche lebten auf kleinstem Raum, es stank nach Kot, es roch nach Verzweiflung und Aussichtslosigkeit für diese kleinen, bunten Wunder der Natur. Die wunderbaren Vögel wurden Aiderbichler.
Unsere Sittiche singen, sprechen und geben den Anschein, zufrieden zu sein. Auch wenn sie nicht in ihrer australischen Heimat sind, haben wir den Eindruck, dass die kleine geschaffene Welt für sie in Ordnung ist.
Es ist niemals zu spät, umzudenken. Herzlichst, Ihre Gisela