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Weltschimpansentag
Wir stehen in ihrer Schuld

14. Juli 2023

Aus der Sicht einer Aiderbichlerin

(geschrieben von Gisela Pschenitschnig)

Schimpansen faszinieren uns Menschen. Vielleicht auch weil rund 98% der DNA von Schimpansen und Menschen identisch sind. Schimpansen können lachen, kichern, sie küssen sich, halten die Hand des anderen. Ihre Gefühle erkennt der andere über die Mimik. Schimpansen können sich verstellen, sie sind empathisch, sie werden brutal, wenn es um die Verteidigung ihres Territoriums geht. Schimpansen verwenden schwere Steine, um Nüsse zu knacken, sie spitzen Speere mit ihren Zähnen. Damit können sie sich wehren oder jagen. Verwaiste Schimpansen werden von nicht verwandten Schimpansen aufgezogen, Schimpansenkinder haben eine innige Beziehung zu ihrer Mutter und lernen alles von ihr.

Die moralischen Herausforderungen unserer Zivilisation:

Schuld, Verantwortung und Wiedergutmachung 

Jährlich soll mit dem Weltschimpansentag in Erinnerung gerufen werden, dass vor knapp sieben Millionen Jahren in den Wäldern Afrikas die Geschichte der Menschheit begonnen hat, und zwar durch den Affen, aus dem sich irgendwann der aufrecht gehende Mensch entwickelt hat. Die Forschung und die Wissenschaften halten Affen in Tierversuchslaboren, um Medikamente zu erforschen, Verhaltensforschung zu betreiben usw.
Im Osten Österreichs befindet sich einer der besonderen Orte dieser Welt. Hier treffen sich die moralischen Herausforderungen unserer Zivilisation: Schuld, Verantwortung und Wiedergutmachung. In einem ehemaligen Safaripark, hermetisch von der übrigen Welt abgeschottet, lebten 40 Schimpansen aus dem ehemaligen Versuchslabors Immuno. Man hatte sie über Jahre mit HIV- und Hepatitisviren infiziert. Traumatisiert, verstört, hochaggressiv lebten sie nach der Forschung jahrelang in den Affenhäusern des Safariparks in Gänserndorf.

40 Schimpansen, einzeln in engen Gitterkäfigen gehalten, dienten als Versuchstiere für die Entwicklung von HIV-, Hepatitis- und Grippe-Impfstoffen. Für die Tiere waren die Abläufe eine tägliche Tortur. Betäubt, mit Viren infiziert und immer isoliert – unvorstellbar.

Die Ex-Laboraffen von Gut Aiderbichl 

Vor über 15 Jahren wagte Michael Aufhauser, Gründer von Gut Aiderbichl, einen Pionierschritt und rettete so das Leben der Menschenaffen, die aus dem Forschungszentrum der Immuno gekommen waren. Sie hatten körperliche und seelische Qualen über sich ergehen lassen müssen, vor allem jene, die als Affenbabys in den Wäldern eingefangen worden waren. Die Tiere hatten miterleben müssen, wie ihre Mütter und Familienangehörigen getötet wurden, um sie, die jungen Affen, einfangen zu können.
Seit 2011 können die Ex-Laboraffen von den Affenhäusern in die Außengehege gelangen. Diese Gehege sind ihre kleine, für sie geschaffene Freiheit und Natur geworden.  

Star, kam mit 8 Jahren in die Forschung und wurde mit Hepatitis C und dem HIV Virus infiziert. Heute steht sie stolz und aufrecht mit einem Kirschenast in ihrem Gehege. Mit über 50 Jahren ist sie unsere älteste Schimpansin. Anfangs war Star unzugänglich, heute ist einer ihrer besten Freunde Spätzle und Benjamin. Es war Benjamin, der Star aus der Reserve lockte und Star Sanftheit fühlen lernte. Star zeigt das durch langes Groomen. Sie liebt die Außenanlagen, die sie zu einer offenen, freundlichen und kontaktfreudigen Schimpansin gemacht haben.  

Ganz oben am Baum in der Außenanlage sitzt Bonnie. Bonnie ist eine schüchterne Schimpansin, der Chef ihrer Gruppe ist Moritz und ihre Trösterin ist Helene. Bonnie wurde 1982 in Freiheit geboren und war dann in der Diabetesforschung. Sie bekommt eine Insulinspritze, die für sie zur Selbstverständlichkeit geworden zu sein scheint, und über den Tag verteilt kleinere Portionen Nahrung. Das bedeutete konsequentes Training, aber Bonnie „spielt“ mit, sie hat gute Werte und an Gewicht zugenommen. Sie hat sich angewöhnt, alles, was sie isst, vorher zu waschen.  
Bonnie hat an Selbstbewusstsein gewonnen, sie hält sich aus Konflikten innerhalb ihrer Gruppe heraus. Moritz, der sie früher einschüchtern wollte, ist heute von Bonnies Stärke überzeugt, und ihr ein guter Freund geworden. Bonnie liebt die Sonne – sie ist immer die Erste, die nach draußen läuft und auf ihren Baum klettert.   

Affen beobachten sich in der Gruppe und sie beobachten die Menschen  

Unsere Schimpansen beweisen, dass die Tiere denken können, dass sie beobachten und planen, dass sie sich verlieben und, dass sie auch Routine in ihrem Leben brauchen. So gehört beispielsweise ein ruhiges, genüssliches Picknick für Spätzle, Benjamin, Star und Denise immer dazu. Miteinander Picknick zu machen, ist ein Ritual geworden und findet in den Häusern oder im Außengehege statt. Hinter dieser Idylle stecken viel Feingefühl, Rückschläge, Geduld und Vertrauen der Schimpansen zu ihren Menschen mit dem roten T-Shirt. 

Schimpansen bewerten ihre Menschen aus optischer Sicht, nach deren Geruch und nach der Stimme. Der innere Frieden der Schimpansen wird durch Ruhe und die Routine langsam erreicht. Am Morgen werden die Schimpansen bei ihrem Namen aufgerufen, um sich ihr Frühstück abzuholen. Danach wird gespielt, manche gehen in die Freigehege, manche nicht. Am Abend beginnt das Ritual des Schlafengehens. Stundenlang beschäftigen sich die Schimpansen mit der Vorbereitung des Schlafplatzes, bevor der Schimpanse genüsslich und ruhig ins Träumen kommt. Geschlafen wird lange, bis zu 11 Stunden. Morgenmuffel gibt es wie beim Menschen.  

Die Arbeit mit den Schimpansen in Gänserndorf ist eine besondere

Renate Foidl und ihr Team beobachten, füttern, resozialisieren, respektieren und lieben die Schimpansen. Renate vor allem ist eine von ihnen geworden:  

Wir stehen in ihrer Schuld. Sie wurden aus ihrer Familie und aus ihrer natürlichen Umgebung weggerissen und eingesperrt. Die Resozialisierung wird niemals abgeschlossen sein können, denn Schimpansen sind intelligent und ihr Gehirn arbeitet wie das des Menschen: es wird nicht vergessen, es wird verdrängt. Jahrelang bedeutete für die Schimpansen ein Mensch in einem grauen Schutzanzug, mit Haaren unter einer Kappe, Mund und Nase hinter einer Schutzmaske versteckt, nichts Gutes. Tief sitzen die Erinnerungen und erlittenen Schmerzen in den Gehirnen und Seelen der Tiere. Heute wissen die Schimpansen, dass die Menschen mit dem roten T-Shirt nur gute Absichten mit ihnen haben.“ 

Man kann sie nicht oft genug erzählen: die Geschichte der Ex-Laboraffen.

Herzlichst, Ihre Gisela. 
 

Die Schimpansen zeigen uns, was es bedeutet, Mensch zu sein.

~ Jane Goodall

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