Kamel Anton
und seine Franziska
Aus der Sicht einer Aiderbichlerin
(geschrieben von Gisela Pschenitschnig)
Das Veterinäramt warf einem Tierhalter vor, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz zu begehen. Die Unterbringung, die Betreuung und die Pflege der Tiere entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen, und so wurde die Station geräumt. Der Betreiber der Tierauffangstation konnte das Vorgehen nicht nachvollziehen.
Die eine und die andere Sicht der Dinge
Einerseits gibt es im Bereich des Tierschutzes Situationen, die es erschweren, objektiv zu bleiben. Michael Aufhauser hat uns versucht beizubringen, dass wir nicht den „Schimpfefinger“ heben und uns zu Ereignissen äußern, deren Hintergründe wir nicht genau kennen. Er wollte immer den diplomatischen Weg gehen.
Andererseits geht es bei der Arbeit von Gut Aiderbichl, Europas größtem Tiergnadenhof darum, den Tieren eine Stimme zu geben, ihre Lebenssituation zu verbessern und ihnen bis zum natürlichen Lebensende ein Für-Immer-Zuhause zu bieten. Und zwar ein Zuhause, wo es an nichts fehlt: sauberer Stall, artgerechtes Futter, Pflege, medizinische und therapeutische Hilfe, Auslauf usw.
Anton, das Trampeltier
Nachdem nach der Beschlagnahmung alle behördlichen und veterinärmedizinischen Maßnahmen abgeschlossen waren, wurde der dreijährige Anton nach Gut Aiderbichl in Iffeldorf transportiert.
Die Pfleger brachten das Trampeltier in den vorbereiteten Stall. Anton verhielt sich ruhig und ließ in aller Ruhe die neue Umgebung auf sich wirken. Die übliche Besucherparade traf auch bald ein: die Esel, die Ponys und viele andere Hofbewohner statteten Anton einen Anstandsbesuch ab. Vom ersten Moment an hat er sich in die Kameldame Franziska verliebt.
Seit über zwei Monaten lebt er nun auf dem Hof von Iffeldorf und macht nur Freude. Er hat sich toll eingelebt und spaziert frisch und munter über seine Weide.
Franziska, das Dromedar und ihr Anton
Hier war es wohl Liebe auf den ersten Blick. Beide machen auch kein Geheimnis aus ihrer Zuneigung und vor allem der Freude, einen Artgenossen um sich zu haben.
Franziska wurde vor 12 Jahren mit 22 weiteren Tieren von einem Zirkus abgegeben, und sie war damals trächtig. Ihr Glück war vollkommen, als ihr Sohn Hansi geboren wurde, der aber leider verstarb. Franziska trauerte lange Zeit um ihr Fohlen, bis sie irgendwann wieder Lebensfreude empfinden konnte.
Kamele leben in freier Natur in Haremsgruppen, die aus mehreren Hengsten und Stuten bestehen. Für Anton und Franziska genügt die kleine Zweisamkeit – den Tag gemeinsam zu verbringen und in der Nacht aneinander zu kuscheln, ist für beide das Paradies auf Erden.
Mögen Anton und Franziska noch viele Jahre der schönen Wirklichkeit erleben dürfen. Herzlichst, Ihre Gisela
Die Schwierigkeit besteht nicht darin, dass es keine schönen Wirklichkeiten gibt, sondern, dass so wenige von uns sie erkennen, wenn wir ihnen begegnen.
~ George Bernard Shaw